Doping im Radsport
21.05.2007
Doping im Radsport
Von Klaus Wiendl und Hajo Seppelt
Ein blutiges Geschäft. Das Interesse an Profiradfahrern hat mit Sport nur noch sehr wenig zu tun. Kaum ein Tag vergeht ohne Neuigkeiten aus dem kriminellen Milieu des modernen Sports. Längst beherrschen Staatsanwälte, Polizei und Anwälte die Szenerie. Die Fahrer sind nur noch Statisten in diesem grotesken Schauspiel, oft auch Opfer. Ein langjähriger Mitarbeiter eines deutschen Profiradrennstalls schildert Report München die Fakten.
So gefährlich kann Doping im Radsport sein – und trotzdem tun noch immer etliche Profis so, als wüssten sie nicht, wovon die Rede ist. Floyd Landis etwa – der Amerikaner, der trotz mehrerer positiver Urinproben steif und fest behauptet, die Tour de France 2006 ohne chemische Hilfe gewonnen zu haben. Auch Jan Ullrich streitet alles ab. Dabei hat ein Gentest bewiesen, dass es sein Blut war, das beim mutmaßlichen Dopingdrahtzieher Fuentes in Spanien lagerte. Oftmals funktionierten die Bluttransporte so. Das Blut wurde in Getränkepackungen versteckt, als Fruchtsäfte getarnt, kreuz und quer durch Europa transportiert und Sportlern rechtzeitig vor dem Wettkampf zugeführt. Aber Ullrich will von Blutdoping nichts gewusst haben. Jetzt aber zieht sich die Schlinge weiter um ihn zusammen. Die Bonner Staatsanwaltschaft hatte im Wege der Rechtshilfe um die Überstellung von Dokumenten zum Fall Jan Ullrich aus der Schweiz gebeten. Ullrich wollte mit aller Macht verhindern, dass die bei einer Durchsuchung seiner Villa in Scherzingen und bei einer Kontenüberprüfung sichergestellten Unterlagen herausgegeben werden. Nun aber hat das Schweizer Bundesstrafgericht entschieden: die Beschwerde der Ullrich-Anwälte wird abgewiesen.
Und deshalb könnte sein Täuschen und Tricksen wohl bald ein Ende haben. Aber Ullrich ist beileibe kein Einzelfall. Der erfahrene Pfleger eines deutschen Profiteams berichtet uns.
Dopingspritzen mitten im Rennen. Die Notwendigkeit von umfassenden und vor allem überraschenden Dopingkontrollen im deutschen Radsport ist mehr als einleuchtend. Von vielen Experten wird eine Erhöhung der Kontrollzahl gefordert, doch so sieht die Realität aus:
Waren es 2002 noch 320 Trainingskontrollen im Radsport, so nahmen die Dopingtester im letzten Jahr nur noch 192 Proben. Ein Rückgang um über ein Drittel.
Und Kontrollen im Wettkampf, wie sie im Jahr 2006 beispielsweise dem amerikanischen Tour-Sieger Floyd Landis zum Verhängnis wurden?
Bei Wettkampfkontrollen in Deutschland sieht die lautstark propagierte Anti-Doping-Politik des Bundes Deutscher Radfahrer so aus:
Im Jahr 2000 790 Kontrollen pro Jahr – im Jahr 2006 241, ein Rückgang um rund 70 %. Alles Zahlen aus offiziellen Statistiken.
Ausnahmegenehmigungen für den Einsatz von Arzneimitteln für therapeutische Zwecke, die auf der Dopingliste stehen, sind höchst umstritten, aber heiß begehrt, zum Beispiel Salben und Asthmasprays. Gerade im Radsport.
Wird aber mit Ausnahmegenehmigungen dem Doping Vorschub geleistet? Oder strampeln wirklich immer mehr Kranke die Berge hoch?
Das sind die nackten Zahlen in Deutschland:
2004 waren es immerhin schon 545 Ausnahmegenehmigungen, doch bereits in zwei Jahren hat sich die Zahl mehr als verdoppelt. Eine Steigerung, die besorgniserregend ist und zugleich die Glaubwürdigkeit des Radsports immer mehr in Frage stellt.
Der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer ist Rudolf Scharping.
Wie passend, dass der Bund Deutscher Radfahrer sich als Hauptsponsor den Pharmakonzern Stada ausgesucht hat. Das Unternehmen stellt ein Medikament her, dass Betrügern im Radsport wie gerufen kommt: ein Präparat wirkungsgleich mit Epo. Es ist der Dopingklassiker schlechthin.