EU-Gelder für palästinensische Terror-Brigaden - Arafats Ex-Finanzmanager packt aus
Bayerischer Rundfunk
report MÜNCHEN
Sendung vom 07.06.2004
EU-Gelder für palästinensische Terror-Brigaden -
Arafats Ex-Finanzmanager packt aus
Autoren: Oliver Bendixen, Özlem Özgürgil, Klaus Wiendl und Stefan Zanev
Schauplatz: Eine jüdische Bat Mizwa Feier, ein Familienfest, im Januar 2002, nördlich von Tel Aviv.
Die Feier endet in einem Blutbad: ein Palästinenser feuert wahllos in die Menge: der Auftragskiller der Al-Aqsa Märtyrerbrigaden ermordet 6 Menschen und verletzt Dutzende. Er selbst wird am Tatort erschossen. Der Mann, der den Terroristen nach Hadera schickte, hat bereits 20 Leben auf dem Gewissen - und 120 Verletzte.
Sein Handlanger, Salem Hasuna, posiert kurz zuvor noch auf einem Video: ein klares Bekenntnis zu den Al Aqsa Märtyrerbrigaden. Sie sind der militante Flügel der Al Fatah Bewegung, die unter dem Kommando eines Friedensnobelpreisträgers steht: Yassir Arafat, dem seit Jahren hunderte von Millionen Dollar an internationalen Hilfsgeldern zufliessen. Gemanagt wurden die gewaltigen Summen von Mohamed Rachid, Arafats Mann für das große Geld. Er weiß, wie man Millionen verschwinden lässt und an der gewünschten Stelle wieder zum Vorschein bringt. Arafats Ratgeber für internationale - und vor allem brisante - Transaktionen pflegte auch beste Beziehungen zu Politikern und zu Geschäftsleuten in Israel. Bei der Verschiebung der Millionen half auch der israelische Investmentbanker Uzrad Lew, den wir in Tel Aviv treffen. Heute legt Arafats Ex-Finanzminister Uzrad Lew die Beweise für die versteckten Millionen des Palästinenserpräsidenten vor. Er sagt:
"Diese Geldquellen haben Arafat und Raschid dabei geholfen, das größte Terrorfinanzierungsnetzwerk der Welt aufzubauen."
Mit den verschobenen Millionen werden auf dem internationalen Schwarzmarkt Waffen für Arafats Terrorbrigaden gekauft. Vor Gaza wird im Januar 2002 die Karin A aufgebracht. - mit Raketen, Mienen, Maschinengewehren und Munition aus dem Iran im Wert von $ 15 Mio. Und unter dem Kommando eines Offiziers der palästinensischen Autonomiebehörde.
Der Internationale Währungsfond (IWF) versucht seit geraumer Zeit Unregelmäßigkeiten bei der Verteilung der Hilfsgelder für Palästina aus aller Welt zu verhindern. Sein Prüfbericht vom September 2003 bestätigt jedoch die schlimmsten Befürchtungen. Dort heißt es unter anderem:
"In nur fünf Jahren wurden vom Budget der Autonomiebehörde Steuereinnahmen und Gewinne aus geschäftlichen Transaktionen in Höhe von mehr als 898 Millionen US Dollar abgezweigt."
Arafats eigenwillige Auslegung von Solidarität: - Während er aus seinem Präsidentenetat nach Gutdünken Millionen verteilte und Abhängigkeiten schuf, erreichte sein notleidendes Volk nur ein Teil der Hilfsgelder. Die Strukturen von Arafats Finanzsystem: Überweisung von Steuern, Unternehmensgewinnen und Spenden auf Konten der Palästinensischen Autonomiebehörde. - und Transfer der abgezweigten Millionen zu den Briefkastenfirmen Ledbury und Crouper SA in einem karibischen Steuerparadies. Beim Verschleiern der Geldströme half Uzrad Lew. Gewaltige Summen wurden, so das Dokument, das report München vorliegt, über die Briefkastenfirma Crouper SA verschoben. Alleine im Januar 2002 flossen auf verschiedene Konten in New York und Kairo zusammen $ 108 Mio. Uzrad Lew klärt auf:
„Es ist Teil des Systems, ein Netzwerk von Offshore-Firmen zu gründen, das die Finanzflüsse verschleiert. - Zu unserer besten Zeit haben wir alles in allem um die 400 Mio. Dollar gemanagt.“
Das Netzwerk: Vermögensgesellschaften in Genf und London nutzen eine renommierte Privatbank der Schweiz. In der Furcht, in Geldwäscheaktivitäten verwickelt zu werden, fragen die misstrauischen Banker nach. Die Palästinensische Autonomiebehörde speist sie mit der Erklärung ab, die Millionen würden weder aus Hilfsfonds stammen noch für Terroraktivitäten verwendet werden. Die Palästinenser fürchten weitere Nachforschungen. Ein Jahr später werden 65 Mio. US Dollar vom Konto der Genfer Bank abgeräumt. Uzrad Lew sagt:
"Am Ende ist es völlig unklar, wo das meiste Geld gelandet ist. Doch die Dokumente, die ich ihnen gezeigt habe, beweisen, dass ein Teil des Geldes zur Terrorfinanzierung verwendet wurde."
Im August 2001 wandern die 65 Mio. Dollar über eine Bank in London zurück in die Palästinenser Gebiete - sie landen am Ende beim Finanzministerium der Autonomiebehörde - bei der Bank of Jordan in Ramallah. Das gleiche Konto nutzte Arafat auch zur Finanzierung seiner Terrorbrigaden. Ein Scheck als Beweis: Zugriff auf das Gehaltskonto des Finanzministeriums hatte auch Marwan Bargouthi. So finanzierte der Arafat-Vertraute zahlreiche Anschläge auf Israelis. Auch nach Überzeugung der Richter in Tel Aviv, die Bargouthi gestern zu fünfmal lebenslanger Haft verurteilten: als Chef der Al-Fatah und verantwortlich für den Mord an fünf Menschen.
Bargouthi, einst designierter Nachfolger Arafats, konnte auch über Geld verfügen, das vom schweizer Konto an die Bank of Jordan überwiesen wurde. In diesem Fall 250 000 Dollar. Sie landen auf dem selben Konto, wie auch Teile der EU-Direkthilfe. Geld, für das sich Yassir Arafat im Mai 2001 überaus herzlich bei der damaligen Präsidentin des Europaparlaments bedankt. Von diesem Zeitpunkt an fließen monatlich 10 Mio. Euro. Im Gegensatz zu den projektgebundenen EU-Hilfen können dieses Gelder völlig unkontrolliert verwendet werden: zusammen 246 Mio. Euro. Wohin das Geld geflossen ist, weiß Ilka Schröder vom Europa-Parlament (parteilos):
"Die EU-Finanzhilfen sind zusammen mit anderen internationalen Hilfsgeldern auf Konten der Palästinensischen Autonomiebehörde geflossen und davon sind antisemitische Terrororganisationen finanziert worden."
Ein Terroropfer ist Stephen Bloomberg. Er fordert 20 Mio. Euro Schadensersatz von der Europäischen Union. Denn sie hat nach Meinung seiner Anwälte mit ihrer Direkthilfe den Terroranschlag mitfinanziert, durch den der Ingenieur vor drei Jahren seine Frau verlor - eine Mutter von fünf Kindern. Er und seine 14-jährige Tochter sind seitdem an den Rollstuhl gefesselt. Der Anschlag auf die Familie wurde im August 2001 in der Nähe von Tel Aviv verübt. Die Mörder: zwei Beamte - im Sold der von der EU bezuschussten Palästinenserpolizei. Das Attentatsopfer Stephen Bloomberg erzählt:
"Danach haben wir herausgefunden, dass palästinensische Polizisten, die offizielle Beamte der PA sind, dafür verantwortlich waren, das waren diejenigen, die gefeuert haben."
Es gibt 4000 Kartons Beweismaterial - sichergestellt von israelischen Soldenten vor zwei Jahren in den Büros der Autonomiebehörde. Dokumente die einen Zusammenhang zwischen der internationalen Finanzhilfe und dem Terror immer deutlicher werden lassen. Eine Unterschrift Arafats beweist, dass er persönlich Zahlungen an Terroristen anordnet - diesmal an verdiente Attentäter aus dem Raum Tulkarem. Selbst eindeutige Dokumente wie diese Empfangsbestätigung über fünfzehntausend Dollar seien kein klarer Beweis für die systematische Umleitung von Hilfsgeldern in den Terrorismus, so urteilt eine Arbeitsgruppe des EU-Parlaments. Sie ging Ungereimtheiten bei der Verwendung der EU Finanzhilfe nach - und legte jetzt zwei sich widersprechende Berichte vor. Eine knappe Mehrheit hält die Beweise für nicht gerichtsverwertbar, während für den Autor des Minderheitenberichts die Missstände klar erkennbar sind. Der Europa-Parlamentarier Armin Laschet (EVP/CDU) sagt:
"Insbesondere in den Präsidenten-Etat sind Millionen an Euro geflossen, und daraus ist alles bezahlt worden: Sozialleistungen, Gesundheitsleistungen, es gab ein feudalistisches System... und er hat natürlich auch Gelder an Aktivisten für Terroraktionen angewiesen."
Abdallah Frangi von der Palästinensischen Generaldelegation Deutschland sieht dies anders:
"Es gibt keine Deutsche Mark oder Euro, der für die Palästinensischen Gebiete gedacht war, die man missbrauchen konnte. Es ist einwandfrei, dass wir in diesem Punkt eine reine Weste haben."
Frage report München: "Fließt also kein Geld in den Terror?"
Antwort Abdallah Frangi: "Überhaupt nicht."
Womöglich ein voreiliger Schluss. Denn noch ermittelt OLAF, die Antibetrugsbehörde der EU Kommission in Brüssel. Ermittler des Amtes waren auf Spurensuche in Israel und in den Palästinensergebieten und sie hoffen auf weitere Protokolle - auch aus dem Prozess gegen den Terroristen Marwan Barghuti. Franz-Hermann Brüner, Generaldirektor der OLAF sagt hierzu:
"Wir wären froh, wenn wir es bis zum Sommer abschließen könnten. Ich bin aber nicht sehr optimistisch, weil sich bis jetzt immer wieder die Situation ergibt, dass wir Dokumente bekommen und sich aufgrund dieser Dokumente immer weitere Anfragen, weitere Forderungen ergeben und wir deshalb nicht abschätzen können, wie schnell dieses Verfahren abzuschließen ist."
Derweil sind im April diesen Jahres aus Brüssel weitere 40 Mio. Euro Hilfsgelder nach Gaza geflossen. Ob Teile dieses Geldes auch im Terror versickern, muss dann das neugewählte Europaparlament überprüfen.