Staatsanwaltschaft Augsburg –
Pfahls soll heimlicher Millionär sein
» Sendung vom 12.12.2005
Pfahls und sein 100 Millionen Schatz -
Exklusiv: seine geheimen Firmen und Konten
Autoren: Klaus Wiendl und Rudolf Lambrecht
„Die Fahnder in Paris lagen schon seit Tagen auf der Lauer. Als der ehemalige Staatssekretär Holger Pfahls sein Versteck in der Rue Dupleix am 13. Juli 2004 verließ, wurde er festgenommen. Das Ende einer fünfjährigen Flucht. Die Frau an der Seite von Pfahls war die Moldawierin Viorica Sava. Sie hatte für die Polizei eine riesige Überraschung parat: Sie betreibe Immobiliengeschäfte und habe sich Anfang 2003 mit Pfahls erstmals geschäftlich in Österreich getroffen. Wurde die Flucht von Pfahls mit trüben Geschäften finanziert? Offenbar. Denn nach report-Recherchen besaß Pfahls eine eigene Firma, in der mehr als 100 Millionen Mark steckten. Mit den 873 000 Mark Schmiergeld, für die er sich in Augsburg verurteilen ließ, hat das alles nichts zu tun. Pfahls ist gut gelaunt, als er mit Anwalt Volker Hoffmann am 23. November im Augsburger Strafjustiz-Zentrum aufkreuzt. Er ist auf Bewährung frei, aber es waren noch Details zu regeln: Mit der milden Auflage von 100 Stunden Sozialeinsatz und der regelmäßigen Meldung über den Stand der Arbeitssuche wurde Pfahls vom Landgericht entlassen. Pfahls war wegen Steuerhinterziehung und Vorteilsnahme zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Deshalb habe er in Deutschland keine Chance für eine angemessene Beschäftigung, sagt sein Anwalt. Der Jurist Pfahls werde sich nach einem Job im Ausland umsehen. Holger Pfahls dazu:
"Das werde ich auf gar keinen Fall tun, auch nur andeutungsweise den Sozialkassen zur Last zu fallen."
Warum auch? Der undurchsichtige Dieter Holzer war immer zur Stelle, wenn Pfahls Geld brauchte, auch bei seiner Flucht vor der Justiz. Holzer ist ein Global-Player, der heute in Paris, morgen in München, Peking oder Beirut seine Geschäfte macht. Mit einem Umsatz von bis zu 700 Millionen Dollar im Jahr sei Holzer einer der Größten im Warenterminhandel, offenbarte Pfahls vor Gericht. Aber nicht alles ist koscher, was Holzer treibt. In Luxemburg unterhielt er seit 1992 ein finanzielles Schattenreich. Ein Teil der 50 Millionen Mark Schmiergeld, das ihm der französische Öl-Konzern Elf Aquitaine für die ostdeutsche Leuna-Raffinerie gezahlt hatte, floss zur Bank Paribas. Pfahls, der auch für Elf aktiv war, konnte jahrelang darüber verfügen. Knapp elf Millionen Mark lagen in Luxemburg, aber das waren Peanuts. Es ging um viel mehr. Das Geheimnis heißt INVALL. Die Briefkastenfirma INVALL war so konstruiert, wie es die Justiz aus Geldwäscheverfahren kennt. Als Eigentümer der INVALL hielt sich Pfahls bedeckt. Für die Geldtransfers bei Paribas waren Kontobevollmächtigte bestellt, unter denen Bernard Ewen auffällt. Der agierte gleichzeitig auch für Holzer als Treuhänder und Geldschleuser.
Rue Nicolas Adames - eine ruhige Wohnstraße. Hier hatte die INVALL im Haus Nummer 3 ihr Domizil. Wie praktisch, daß in diesem roten Backsteinhaus unter dem Firmenschild der Treuhandkanzlei "Fiduciaire Glacis" auch Vertrauensmann Ewen residierte. War Pfahls bei seinem Prozeß in Augsburg deshalb so gut drauf, weil er an seine INVALL dachte, deren Geldversteck keiner geknackt hatte? Es muß eine wunderschöne Zeit mit Strohmann Ewen gewesen sein. Denn das Geld, das in der INVALL steckte, übertrifft weit die Phantasie eines Angestellten, der für die Riester-Rente spart. Das Kapital der INVALL lag Ende 1999, dem Jahr als Pahls verschwand, bei 315 Millionen Francs, rund 100 Millionen Mark. Im wesentlichen ein Aktienpaket. Hinzu kamen 133 Millionen Francs, die als Dividenden auf dem INVALL-Konto eingingen. Bei diesem kapitalen Wellness-Paket würde jeder lachen. Pfahls ließ das ganze Geld Richtung Frankreich versickern: von der INVALL zur Neptune und weiter zur Alma in Vichy. Ewen, der sich schon als Geldschleuser von Holzers Firma Delta bewährt hatte, half dabei. Er schaltete dazu noch seine im US- Steuerparadies Delaware gegründete Luxembourg Corporate Services ein. Barzuflüsse vervollständigen die Geldverschiebungen. Ins Visier der Luxemburger Justiz geriet die INVALL, als Pfahls in Paris verhaftet wurde. Über das Bundeskriminalamt wurde die Staatsanwaltschaft Augsburg über den Verdacht der Geldwäsche informiert. Martine Solovieff von der Generalstaatsanwaltschaft Luxemburg sagt:
"Ich kann Ihnen also bestätigen, daß in der Angelegenheit Pfahls ein Rechtshilfe-Ersuchen aus Augsburg an die luxemburgischen Gerichtsbehörden gerichtet wurde. Die Ermittlungen haben auch in Luxemburg stattgefunden. Sämtliche Berichte, Protokolle und Dokumente sind schon am 13. April dieses Jahres an die Staatsanwaltschaft Augsburg weitergeleitet worden."
Folgen für Pfahls hatte das nicht. Da kann man sein sattes Lachen gut verstehen. In seinen beiden großen Vernehmungen vor Prozeßbeginn wurde er nicht einmal nach den INVALL-Millionen gefragt. Dieter Holzer mußte in Augsburg als Zeuge im Prozeß gegen seinen Freund Pfahls auftreten. Holzers dubiose Schleusungen von Leuna-Provisionen des Elf-Konzerns über Pfahls spielten keine Rolle. Dabei hatte Elf nicht weniger als 1,4 Milliarden Mark Zuschuß aus der Steuerkasse erhalten. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken macht Druck. Zwar hat sie das Geldwäsche-Verfahren gegen Holzer vorläufig eingestellt. Aber die Ermittler warten auf eine Entscheidung der französischen Justiz. Wegen der von Elf gezahlten 50 Millionen Mark Schmiergeld wurde Holzer in erster Instanz zu 15 Monaten Gefängnis und 1,5 Millionen Euro Geldstrafe verurteilt. Auch über die Holzer-Freunde Ewen und Pfahls verschwand das Schmiergeld zu einem verwirrenden Netz aus Firmen und Personen, so die internationalen Ermittlungen. Raimund Weyand von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken sagt:
"Wir ermitteln schon seit einigen Jahren gegen Herrn Holzer unter dem Aspekt der Geldwäsche. Im Moment ist aus Rechtsgründen das Verfahren vorläufig eingestellt. Wir müssen abwarten bis die französische Justiz ein endgültiges Urteil über Dieter Holzer gesprochen hat. Wenn er in Paris verurteilt werden wird, werden wir unsere Ermittlungen beenden."
Falls das Kassationsgericht in Paris das Urteil gegen Holzer aufhebt, werden die Ermittlungen in Saarbrücken wieder aufgenommen. Dann rückt auch Pfahls wieder ins Visier. Dem waren mit Holzers Segen während der Flucht Hunderttausende Euro von Unbekannten zugesteckt worden“.
Das Augsburger Justiztheater - Agenten, Schmiergeld, faule Deals
Eine Wiederholung der ARD-Dokumentation wurde bei Phoenix vom 22. November 2006 gesendet und ist unter youtube zu sehen:
» Das Augsburger Justiztheater (mit Georg Schramm!)